Wie gehen Bewohner*innen der Wohngruppe am Kleinen Holzweg mit fremden Kulturen und Bräuchen um? Marco P. ,Koordinator der Wohngruppe Kleiner Holzweg, hat dies aufmerksam beobachtet. Hier sein schöner Bericht:

Aufmerksam lauschen die Bewohner*innen der Geschichte über Betül und Nele. Auf dem Kamishibai, einem japanischen Erzähltheater, werden nacheinander Bilder zur Geschichte eingesteckt.

Aufmerksam lauschen die Bewohner*innen der Geschichte über Betül und Nele. Auf dem Kamishibai, einem japanischen Erzähltheater, werden nacheinander Bilder zur Geschichte eingesteckt.

Am Kleinen Holzweg haben wir durch den neuen Standort auch viele neue Mitarbeiter*innen. Das erste Mal in unserer Wohngruppe arbeitet nun eine Kollegin im Betreuungsdienst mit Hidschāb (Kopftuch). Durch ihre herzliche, offene und liebevoll zugewandte Arbeit ist sie ganz schnell eine sehr wertvolle und beliebte Mitarbeiterin geworden. Durch ihre ganz besonderen Kochkünste ist sie bei uns und besonders den Bewohnern*innen sehr gefragt. Nun kennen wir beispielsweise Hummus, Baklava, Falafel oder Zaatar.

Alle erleben den Ramadan jetzt ganz bewusst

Und jetzt, im muslimischen Fastenmonat Ramadan, haben unsere Bewohner*innen einen feinen Radar für das, was da passiert. Unser Auszubildender (PiA) Silas de Jong nutzte dafür unser Kamishibai Erzähltheater und las die Geschichte von Betül und Nele, und wie diese gemeinsam den Ramadan erleben. Alle waren interessiert dabei und zogen sofort die Verbindungen. Jetzt wissen sie ganz genau Bescheid. Eva fasste es am Ende gelungen zusammen: „Prima, jetzt haben wir sogar noch ein Fest mehr. Zuckerfest, so ein schönes Fest!“ In Evas Zimmer hängen Bilder von Papst Benedikt. Sie hat ihn selbst bei seinem Besuch am Kirchentag in Köln gefeiert. Da steht man als Evangelischer wie ich etwas abseits und staunt über Evas Geschichten, darüber wie sie eine von Millionen war, die dem Papst zujubelte. Eva-Maria, die am Anfang große Skepsis hatte vor der neuen Frau mit dem Kopftuch, springt heute vom Stuhl auf und ist traurig, wenn die Kollegin frei hat.

 

 

Gut zu wissen: Wir sind eine Religion unter vielen

Ich finde es gut, wenn Menschen, Klient*innen und Kolleg*innen sich auf einen geistlichen Weg machen. Es ist gut, wenn etwas bewegt und begeistert. Es ist gut, dass man sich über viele Grenzen hinweg kennen und mögen lernt. Vielfalt Leben. Ist es doch so wichtig, dass wir als gute alte Kirche wissen, dass sich im Universum nicht alles um die Erde dreht, sondern wir nur ein Planet unter vielen sind. Und es ist gut, dass die Kirche genauso weiß, dass unser Glaube nicht der einzig wahre ist, um den sich alles dreht, sondern dass wir eine Religion unter vielen sind. Der erste Schritt ist gemacht. Unsere Bewohner*innen haben einen zeitgemäßen Zugang zur Religion. In ihrer Welt der Religionen haben sie noch nie ihre eigene über die der anderen gestellt, sie nehmen einfach mit, was sie für richtig halten. Zuckerfest bitte gern, aber das komische Fasten, das kann man dann doch auf später irgendwann verschieben. Recht hat unsere Eva, freuen wir uns auf knallsüße Baklava am Ende von Ramadan, wenn wir „Eid Mubarak“, ein „fröhliches Fest“ wünschen werden.

(Fotos und Text: Marco P., Koordinator Wohngruppe Kleiner Holzweg)